FFde 01/2019 | Feinstaubbelastung durch Feuerwerk - dicke oder doch nur heiße Luft?

Ein kommentierter Dialog* zwischen dem Umweltbundesamt (UBA) und der FEUERWERK-FANPAGE.de (FFde)

Autor: Florian Rommerskirchen | Aktualisierung: 27.01.2019, 11:11 Uhr

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FFde-Publikation 01/2019 – Feinstaub bei Feuerwerk:
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Zunächst eines vorweg

Auch der FEUERWERK-FANPAGE.de ist bewusst, dass Feuerwerk auch eine „Schattenseite“ hat, also, die Umwelt nicht nur mit positiven Faktoren beeinflusst. Zwar enthält Feuerwerk Bestandteile, die beim Abbrennen der Feuerwerkskörper durchaus schädliche Gase hervorrufen (z.B. Schwefeldioxid, Stickoxide und andere Gase), die Asche, Holzstäbe und Papierhülsen sind jedoch umweltverträglicher als ihr Ruf. Schwieriger wird es bei Kunststofffolien, Plastik- und Metallbestandteilen, die nach einem Feuerwerk weit verstreut verteilt sind und nur sehr schlecht in der Umwelt abgebaut werden, wenn Sie nicht durch den Feuerwerksverantwortlichen entsorgt wurden. Hier wäre es z.B. auch der FEUERWERK-FANPAGE.de sehr recht, wenn die Industrie, soweit technisch möglich, auf deren Bestandteile verzichtet. Ein Verbot für Plastikteile bei Feuerwerkskörpern per EU-Verordnung steht auch bereits zur Diskussion. Dies hilft der Umwelt, dem Feuerwerker und allen, die Freude oder eben auch keine Freude am Feuerwerk haben. Nun aber zum Thema Feinstaub:

„Bähm“. In großen Lettern, gefühlt größer als bei der bekanntesten Boulevardzeitung drängelte sich die Zahl „4.500 Tonnen“ in unser Leben, Feinstaub der Kategorie PM10, emittiert durch Feuerwerk – pro Jahr! 15,5% des Feinstaubs des gesamten Verkehrs in Deutschland werden jährlich, aber insbesondere in der Mitternacht der Nächte eines Feuerwerksfans in die Luft geblasen. In den Tagen vor Silvester war dieser Zahl auch absolut nicht auszuweichen, sogar beim Wetter war dies der Aufhänger für die letzte Vorhersage des Jahres. Das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht regelmäßig zum Jahrestag eine entsprechende Zahl. Nun hat die Zahl u.a. auch vorherige übertroffen, wie es im Nachhinein festzustellen war.

In einem Fernsehinterview war zu hören, dass dem UBA es wichtig sei, nicht ein Umweltproblem größer oder wichtiger erscheinen zu lassen, als ein anderes, sondern es müsse an allen gleichermaßen gearbeitet werden. Das klingt vernünftig, aber was steckt hinter dieser Zahl? Mit großem Interesse haben wir die vom UBA zum Thema veröffentlichte Broschüre „Hintergrund // Dezember 2018 Zum Jahreswechsel: Wenn die Luft „zum Schneiden“ ist“¹ herunter geladen und gelesen. Der Großteil der 9-Seitigen Broschüre befasst sich mit den Fakten rund um Feinstaub und inwieweit die Gesundheit davon beeinträchtigt werden kann. Ebenfalls viel Raum nimmt die Abhandlung der Lautstärke von Feuerwerk ein. Im Vergleich zur Medienpräsenz im Textanteil fast schon nebensächlich wird das Thema Feinstaub bei Feuerwerk und die Situation in den Städten zur Minute des Jahreswechsels, sowie die Zahl „4.500“ behandelt – aber dafür mit vielen farblich gestalteten großen Grafiken, die die Belastungen in Städten an einigen Messpunkten zeigen.

Die Broschüre ist es wert zu lesen, enthält sie doch viele wichtige Informationen, über die sich jeder durchaus Gedanken machen sollte. Was ihr aber definitiv fehlt, ist ein Nachweis der verwendeten Referenzen und eine Begründung vieler in der Broschüre getätigter Aussagen des UBA. Da beim UBA viele Experten mit wissenschaftlichem Sachverstand arbeiten, denen das wissenschaftliche Arbeiten geläufig ist, sollte eine Quellenangabe und Herleitung der Aussagen selbstverständlich erscheinen. Umso mehr überrascht es, dass dem in der Veröffentlichung nicht so ist, obwohl davon auszugehen ist, dass das Thema Fragen aufwerfen wird, ja, es wird sogar als Grundlage für Klagen von gewissen Umweltverbänden vor Gericht für Feuerwerksverbote genutzt.  Die FEUERWERK-FANPAGE.de (FFde) hat daraufhin ein paar Textstellen und Aussagen mit dem UBA kritisch besprochen. Der Dialog wird nachfolgend kommentiert wiedergegeben*:

FFde: In Ihrer Broschüre schreiben Sie, Zitat¹: „(…) 100 bis 200 Millionen Euro jagen die Deutschen zum Jahreswechsel in die Luft. Zudem kennt jeder die Situation, wenn um Mitternacht die Luft „zum Schneiden“ ist, die Augen brennen und es im Hals kratzt. (…)“ Auf welchen Angaben, Umfragen, Auswertungen oder Referenzen stützen Sie Ihre angestellten Feststellungen, so dass diese als allgemeingültig angenommen werden können?

UBA: Die Euro-Ausgaben basieren einerseits auf veröffentlichten Statistiken (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/284913/umfrage/umsatz-der-deutschen-pyrotechnischen-industrie/) der in Deutschland verkauften Feuerwerkskörper (demnach wurden in Deutschland in den letzten 3 Jahren 137 Mio. € Umsatz mit Feuerwerkskörpern erzielt) und Schätzungen für nicht in Deutschland erworbene Feuerwerkskörper. Die Aussage, dass die Augen brennen und es im Hals kratzt, basiert auf subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen.

FFde: Ok, aber, „viele“ können eine ähnliche „subjektive“ Wahrnehmung haben, d.h. aber noch lange nicht, dass jeder sie hat. Kommen wir mal direkt zur Kernbotschaft der Pressmeldungen zum Jahreswechsel. Zitat¹: „(…) Jährlich werden zirka 4500 Tonnen Feinstaub (PM10) durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern frei gesetzt, der größte Teil davon in der Silvesternacht. (…) Die ermittelten Emissionen beruhen auf den statistisch gemeldeten Absatzmengen der in Deutschland zugelassenen Feuerwerkskörper. In den letzten zehn Jahren wurden in Deutschland demnach jährlich zwischen 38 und 49 Kilotonnen Feuerwerkskörper verkauft. (…)“ Mich würde Ihr detaillierter und nachvollziehbarer Rechenweg interessieren, wie Sie auf das Ergebnis von ca. 4.500 Tonnen Feinstaub theoretisch-rechnerisch gekommen sind. Welche Voraussetzungen und Annahmen wurden dabei gemacht?

UBA: Die Emissionsberechnung erfolgt auf Basis der klassischen Berechnungsmethode:

Emission = Aktivitätsrate * Emissionsfaktor

mit: Aktivitätsrate  = Produktion + Import – Export

Die Daten für die Aktivitätsrate stammen von Destatis (https://www.destatis.de/DE/Startseite.html):

Produktion: aus der Produktionsstatistik GP09-205113000 Feuerwerkskörper

Import und Export: aus der Außenhandelsstatistik WA 36041000 Feuerwerkskörper

Illegal nach Deutschland eingeführte Feuerwerkskörper sind in der Berechnung nicht enthalten! Die Emissionsfaktoren (d.h. wie viel Schadstoffe pro Tonne Produkt emittiert wurden) stammen aus dem EMEP/EEA air pollution emission inventory guidebook 2016 (https://www.eea.europa.eu/publications/emep-eea-guidebook-2016). Link direkt zum Kapitel (NFR 2.D.3.i, 2.G Other solvent use and product use, Other, Use of fireworks, p. 19, table 3-13): https://www.eea.europa.eu/publications/emep-eea-guidebook-2016/part-b-sectoral-guidance-chapters/2-industrial-processes/2-d-l-other-solvent/2-d-3-i-2/view.

FFde: Vielen Dank für die detaillierte Auskunft! Ich habe Ihren Rechenweg mal für 2017 durchgerechnet. Für die Produktionsmenge konnte ich leider keine Daten in der Datenbank von DESTATIS finden. Im Grunde sollte diese Zahl aber auch eher eine untergeordnete Rolle spielen, da der Import von Feuerwerkskörpern um ein vielfaches mehr an Bedeutung hat, als deren Produktion in Deutschland. Für den Im- und Export habe ich 42.850 t bzw. 3.740 t für 2017 in der DESTATIS-Datenbank gefunden. Dies ergibt eine Feuerwerksmenge für den deutschen Markt von 39.110 t. Diese Zahl liegt bereits im Bereich der von Ihnen in Ihrer Broschüre veröffentlichten 38 bis 49 Kilotonnen der letzten 10 Jahre. Der Emissionsfaktor  für PM10 entspricht gemäß der von Ihnen angegeben Referenz (s.o.) für den Gebrauch von Feuerwerkskörper 99.920 g pro t. Dies ist übrigens eine sehr grob abgeschätzte Zahl aus Projekten, die die Luftverschmutzung modellieren! Zum Verständnis: Modellierungen werden von Wissenschaftlern für Vorhersagen verwendet, wobei mit wissenschaftlichen Fakten, und falls nicht vorhanden, mit Schätzungen/Annahmen Abschätzungen mit aufwendigen Computermodellen „modelliert/berechnet“ werden. Hiermit können gute „Vorhersagen“ getroffen werden.  Es handelt sich aber nicht ausschließlich um eine wirklich gemessene und wissenschaftlich erfasste Zahl z.B. aus einem repräsentativen Abbrand von Feuerwerkskörpern. Selbst die Sekundärliteratur der erwähnten Referenz, also die dort genannten Publikationen zum zitierten Emissionsfaktor, besteht darauf, dass die Basis dieser Zahl als grob und definitiv nicht wirklich belastbar gilt! Nun, damit komme ich für die

PM10-Emission für das Jahr 2017 (39.110 t * 99.920 g pro t = 3.907.871.200 g) = 3.908 t

Feinstaub anstelle der von Ihnen veröffentlichten 4.500 t. Liegt der Unterschied von fast 600 t Feinstaub (Anmerkung: Entspräche ca. 6.000 t Feuerwerkskörper) an der von Ihnen verwendeten Zahl für die deutsche Produktionsmenge?

UBA: Da die Anzahl der Produzenten in Deutschland seit ca. 2000 sehr gering ist, liegen die meisten Werte aus Geheimhaltungsgründen nicht öffentlich vor. Da, wie Sie schon festgestellt haben die Produktionsmengen im Vergleich zu den Export- und Importmengen sehr gering sind wurde hier vereinfacht eine Annahme getroffen und die Produktionsdaten interpoliert und extrapoliert. Diese Vereinfachung erschien angemessen, da bei Verwendung der vertraulichen Produktionsmengen die Emissionsdaten für Feuerwerkskörper vollständig als vertraulich hätten gesetzt werden müssen.

Die von Ihnen gewählten Export- und Importmengen sind korrekt gewählt. Seit der Übernahme der Zahlen durch das Umweltbundesamt sind diese sogar noch einmal durch Destatis nach oben korrigiert worden. So dass im nächsten Jahr eine Rekalkulation für 2017 notwendig sein wird. (Import Erhöhung um 2.249,7 t, Exportmengen Erhöhung um 27,99 t)  Die Import- und Exportmengen für die davorliegenden Jahren stimmen überein. Für die Produktionsmenge wurde eine Annahme von 1-2 % an den Importmengen getroffen.

Der Unterschied liegt also an der fehlenden Produktionsmenge und den geringeren Import- und Export-mengen.

FFde: Existieren zur Bestätigung Ihres eher theoretischen Ergebnisses des Ausstoßes von ca. 4.500 Tonnen Feinstaub auch praktische Untersuchungen?

UBA: „Praktische Untersuchungen“ zur Verifikation, welche über die Originalquellen der Emissionsfaktoren aus EMEP/EEA 2016 hinausgehen, sind uns nicht bekannt.

FFde: Das wäre aber für eine fundierte Aussage nötig gewesen. Nochmal: Selbst die Literatur in der genannten Referenz für den Emissionsfaktor für Feuerwerkskörper hält die Basis für diese Zahl für nicht belastbar! Kommen wir zu den Absatzmengen. Zitat¹: „(…) Die Absatzmengen gehen seit 1990 jedoch um etwa 30 % zurück, was unserer Beobachtung widerspricht. Insofern scheinen Feuerwerkskörper auch in größerem Umfang auf anderen Wegen ins Land zu gelangen und deshalb sind deutlich höhere Emissionen wahrscheinlicher. (…)“ Auf welcher Statistik beruht die Angabe, dass seit 1990 die Absatzmengen von Feuerwerk um 30% zurückgehen?

UBA: Die Statistik der Absatzmenge beruht auf Angaben von Destatis für die in Deutschland offiziell verkauften Feuerwerkskörper.

FFde: Wie erhalten Sie die „Beobachtung“, dass der geschilderte Rückgang um 30% nicht der Realität entspricht? Auf welche Referenz/Literatur, Umfragen, Auswertung, etc. stützen Sie Ihre Feststellung? Und, auf welchen Wegen gelangen Feuerwerkskörper „im größeren Umfang“ ins Land, so dass anstelle eines Rückgangs in der Absatzmenge um 30% gemäß Ihrer Ausführung eher sogar von einer Zunahme ausgegangen werden kann?

UBA: Dass es illegale Importe von Feuerwerkskörpern gibt, ist bekannt, allerdings liegen uns keine belastbaren Zahlen dazu vor. Auch haben wir keine Information darüber, ob die Länder aus denen sie importiert werden (z.B. u.a. Polen) die Emissionen der illegal exportierten Feuerwerksmengen berichten. Da zu den in Deutschland verkauften die illegal eingeführten Feuerwerkskörper hinzukommen, führt das zu einer Erhöhung der Emissionsmenge.

FFde: Ich muss da nochmal nachhaken. Sie erwähnen, dass Ihnen keine belastbaren Zahlen vorliegen. Weshalb gehen Sie dann von einer derartigen Zunahme eines illegalen Imports von Feuerwerkskörper aus, so dass der Trend des statistisch nachvollziehbaren Rückgangs der legalen Absatzmengen von 30% seit 1990 sogar umgekehrt wird?

UBA: Oben haben wir die Berechnungen dargelegt, die zu den 4500 t führen. Wenn noch illegal eingeführte Feuerwerkskörper eingeführt und abgebrannt werden, ist von einer Erhöhung der freigesetzten Feinstaubmenge auszugehen. Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es für illegal eingeführte Feuerwerkskörper keine belastbare Zahl, so dass hier Schätzungen vorgenommen wurden und werden.

FFde: Das würde dann im Umkehrschluss bedeuten, dass Ihre theoretische Annahme zu illegalen Importen von Feuerwerkskörpern seit 1990 jährlich mehr als 30% der „auf dem deutschen Markt“ befindlichen Feuerwerkskörper ausmacht. Demnach wäre quasi jeder 3. Feuerwerkskörper in Deutschland illegal?! Das ist unglaublich!

Kommen wir zu den Messstationen und deren Daten. Zitat¹: „(…) Auswertungen der Daten aus den Messnetzen der Länder und des Umweltbundesamtes zeigen (hier am Beispiel des Jahreswechsels 2012/2013, Abbildung 1), dass am ersten Tag des neuen Jahres die Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub vielerorts so hoch ist wie sonst an keinem anderen Tag im ganzen Jahr. PM10-Stundenwerte über 1.000 μg/m³ sind in der ersten Stunde des neuen Jahres in Großstädten keine Ausnahme. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 betrug die mittlere PM10-Konzentration der städtischen Messstationen in Deutschland circa 17 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft (μg/m³). (…)“ Wieso werden dem interessierten Leser ausgewählte stündliche Mittelwerte, die, wie sie selbst indirekt schreiben und per Grafik belegen, nicht an allen (vergleichbaren) Orten gleichermaßen gemessen werden, mit einem Jahresmittelwert aller städtischen Messstationen Deutschlands verglichen. Dies macht nach meinem Verständnis keinen Sinn. Vergleichbar wären Werte des stündlichen Mittels z.B. um 1 Uhr am 01.01. zu jedem anderen stündlichen Mittel desselben Jahres am selben Messpunkt oder bestenfalls Jahresmittelwerte derselben Station und desselben Jahres. Zumal hier Einzelwerte vom Jahreswechsel 2012/2013 mit einem Jahresmittelwert von 2016 verglichen werden. Dies ist ein argumentativer Formfehler aus wissenschaftlicher Sicht.

UBA: Der Vergleich mit der mittleren Konzentration ist gewählt worden, um die extreme Belastungssituation durch das Silvesterfeuerwerk gegenüber der durchschnittlichen Belastung – ohne kurzzeitige Zusatzquelle – einzuordnen. Unsere Grafiken zeigen ja deutlich auf, dass das Silvesterfeuerwerk vor allem in großen Städten zu einem zwar kurzzeitigen, aber extremen Anstieg der Feinstaubbelastung führt. Derart hohe einstündige Werte werden an keinem anderen Tag als in der Silvesternacht beobachtet.

FFde: Dass die Spitzenwerte, wenn, nur sehr kurzzeitig, eigentlich nur für die erste Stunde eines neuen Jahres an einigen Messstellen gemessen werden, machen die Grafiken deutlich. Sie vergleichen hier aber diese Spitzenwerte des stündlichen Mittels um 1 Uhr am Neujahrsmorgen an einigen bestimmten Orten mit Jahresmittelwerten aller deutschen und städtischen Messungen eines anderen Jahres. Das ist nicht akzeptabel.

Aus welchem Grund setzen Sie mit Ihrer Broschüre rechtzeitig zum Jahreswechsel den Fokus bezüglich des Feinstaubs auf das Feuerwerk? Nach Ihren Daten, soweit ich es ermitteln konnte, werden die wirklich großen Umwelt- und Menschen-belastenden Feinstaubemissionen von (Feinstaub im Jahr 2016, Quelle: Umweltbundesamt):

Platz 1: Industrieprozessen (ca. 80.000 t)
Platz 2: dem Verkehr (ca. 40.000 t)
Platz 3: der Landwirtschaft (ca. 30.000 t)
Platz 4: Haushalten/Kleinverbrauchern (ca. 28.000 t)
Platz 5: der Energiewirtschaft (ca. 10.000 t)

abgegeben.

UBA: Die Broschüre beantwortet die Fragen, die dem Umweltbundesamt jährlich wiederkehrend von Bürgern oder Medien im Kontext des Silvesterfeuerwerks gestellt werden. Genau zu diesem Zweck wurde die Broschüre auch erarbeitet. Wie Sie unserer Webseite zur Luft https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft entnehmen können, beobachten und bewerten wir selbstverständlich auch alle anderen Feinstaubquellen – egal aus welcher Quelle und in welcher Menge.

FFde: Ok, schade, dass Arbeiten des UBA zu den mindestens 5 deutlich wichtigeren Bereichen mit jeweils um ein vielfachen höheren und eher dauerhaften Beitrag zu Feinstaub in der Luft in den Medien zu wenig Resonanz findet (ausgenommen zurzeit der „Verkehr“). Herzlichen Dank für diesen sachlichen und sehr freundlichen Dialog.

Hinweis: Der Dialog wurde per E-Mail
vom 1. bis 15. Januar 2019 geführt.

Schlussbetrachtung

Wir haben grundsätzlich großes Vertrauen in die Arbeit des UBA, die wichtiges in Sachen Umweltfragen leistet. Was die veröffentlichte Broschüre des UBA zum Thema angeht, wäre es aber schon angeraten, zukünftig Aussagen fundierter, nachvollziehbar und in einem besseren Kontext darzubieten. In der Wissenschaft würde ein Editor eine derartige Ausarbeitung im Peer-Review-Prozess sofort abweisen, bevor diese ein Gutachter überhaupt zu Gesicht bekommt. Ok, wir haben es hier nicht mit einem wissenschaftlichen Aufsatz, sondern mit einer Information für den Bürger zu tun. Dennoch macht es nachdenklich, denn nicht nur, dass Referenzen nicht genannt werden, sondern auch z.T. Behauptungen aufgestellt werden, die bei näherer Betrachtung und bei Nachfragen in sich zusammenfallen; das kratzt schon an der Glaubwürdigkeit. Dies ist in Zeiten, wo gewisse Umweltverbände jede Chance nutzen, vor Gericht für Verbote zu sorgen, und in Zeiten der medialen Informationsflut mit haufenweise Falschnachrichten und absichtlichen Fehlinformationen bedenklich, wenn sogar eine amtliche Institution nicht zu 100% verlässlich bleibt.

Dennoch, Feuerwerk produziert beim Abbrennen große Mengen Feinstaub, eine unumstößliche Feststellung. Die tatsächliche Größenordnung darf als zurzeit nicht wirklich bekannt gelten. Die Zahl des Jahreswechsels „4.500 t Feinstaub“ ist sinnvoll, wenn man sie als grobe Abschätzung einstuft – für einen ersten Eindruck –, um für weitere Projekte zur fundierten Erforschung des Sachverhalts Anreize zu bieten. Für mehr reicht die Basis der Berechnung nicht aus! Für den Bürger ist die Zahl gewaltig, unfassbar, eigentlich ungeeignet, da ihm Erfahrungswerte fehlen und der Sachverhalt viel zu komplex für eine Kurznachricht ist. Gerade deshalb ist es angeraten, derartige Abschätzungen in den richtigen Kontext zu verpacken, damit nicht der Vorwurf einer einseitigen Meinungsbildung Berechtigung erfährt. Fragen wie,

• Was bewirkt eine dauerhafte Belastung durch Feinstaub knapp oberhalb der erlaubten Tageshöchstmenge?

• Was bewirkt eine kurzfristige starke Belastung, wie zum Jahreswechsel?

• An welchen Orten im Umfeld eines Feuerwerks sind die Hotspots?

• Wie weit werden derartige Partikel getragen?

• Wie gefährlich sind Feinstaubpartikel von Feuerwerken tatsächlich? …und im Vergleich zu Feinstaubpartikeln anderer Quellen?

• Wo wirkt eine Feinstaubbelastung am stärksten?

bleiben in der Broschüre nahezu unberührt und werden wenn, andeutungsweise beantwortet, aber nur aus medizinischer Sicht. Dass letztere aber von toxikologisch-fundierten Studien deutlich verschieden sein kann, ja quasi, eine echte Abschätzung des Risikos für den Verbraucher bei Feinstaubpartikeln durch Feuerwerke fehlt, ist ein Manko. Ohne dessen Ergründung, ist es bedenklich, die Verbraucher mit derartigen Themen zu behelligen.

Das UBA möchte vernünftigerweise, dass alle Umweltprobleme gleichermaßen angegangen werden: Der Vergleich ist müßig, aber andere, ebenfalls selbstverständlich erscheinende „Luxusaktivitäten“ (Weihnachtsbäume, Osterfeuer, SUVs, Grillen, Fliegen, Transporte per LKW, etc. etc.), die mindestens ebenso fragwürdig erscheinen, vielleicht in der Bedeutung und in der Gesamtbetrachtung aller durch die jeweiligen Aktivitäten entstehenden Schadstoffe auch stärker zur Umweltverschmutzung und Beeinträchtigung unserer Gesundheit beitragen, als Feuerwerke, sollten ebenfalls bei solchen Abschätzungen zum besseren Verständnis vergleichend herangezogen werden. Nur weil diese „Luxusaktivitäten“ ständig präsent sind, stets überall bzw. wiederkehrend stattfinden, sind sie nicht unbedingt weniger gefährlich!

Zum Schluss bleibt für den Feuerwerksfan natürlich die Frage der Fragen, nämlich nach dem „warum?“. Warum wird die einmal jährlich erfahrene Freude über den Luxusspaß stets durch derartige Studien mieser gemacht, als es nötig ist? Ja, die Fans werden sogar bloß gestellt – teilweise  sogar als grob fahrlässig Handelnde dargestellt? Die Feinstaubbelastung ist da, keine Frage, sie ist aber zu Silvester nur in großen Innenstädten und äußerst kurzzeitig vorhanden, auch wenn sie nicht gesundheitsfördernd ist! Sie sorgt trotz ihres sehr kurzzeitigen Auftretens am ersten Januar für eine Höchstwertüberschreitung des Tagesmittelwerts an Messstationen in einigen Großstädten, wovon 35 im Jahr pro Station erlaubt sind. Ernsthafte Auswirkungen dürften aufgrund dieser Belastung aller Wahrscheinlichkeit nach zur Stunde des Jahreswechsels nur Patienten der Luftwege haben, z.B. Personen mit einer Staublunge oder ähnliches. Diejenigen sollten dann nicht im Fallout bzw. direkt im Rauch eines Feuerwerks stehen. Sie können jedenfalls ausweichen und wissen sich zu schützen, so, wie sich jeder Mensch nicht freiwillig in den Ab-gaswolken von Heizungsanlagen, Fabriken oder des Verkehrs aufhält. Übrigens, laut eines Berichts von Spiegel-Online waren sogar die Stadtwerte beim vergangenen Jahreswechsel 2018/19 deutlich „ausgedünnt“: „Lediglich an 18 der bundesweit mehr als 300 Messstationen wurde am 1. Januar der zulässige Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten“ (Nachzulesen dort: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/feinstaubwerte-an-silvester-kaum-wind-viel-geballer-a-1246153.html).

Im Umkehrschluss ist auch klar, dass die 34 weiteren Überschreitungen, die nötig wären, um Maßnahmen zur besseren Luft an einem Ort auszulösen, nicht vom Feuerwerk stammen! Daher nochmal die Frage, was problematischer für unsere Gesundheit ist: Ein sehr kurzzeitiger Spitzenwert einer Feinstaubbelastung aufgrund einer Jahrhundertealter Tradition, oder im Vergleich Überschreitungen durch andere Faktoren, dauerhaft die Gesundheit belastend, über 24 Stunden mehrere Tage nacheinander in der Woche vor Weihnachten und Mitte Januar, wie es eine Grafik in der Broschüre des UBA zeigt (Abbildung 3¹)? Was machen dann die Atemwegspatienten? Für letztere Belastungen (vermutlich hauptsächlich der Autoverkehr) gibt es übrigens bereits Lösungen, die von der Politik und Wirtschaft über Jahrzehnte nicht ernsthaft wahrgenommen werden. Für Feuerwerk, das sich auf Jahrtausend-alte, nicht zu ändernde Rezepturen gründet, gibt es das nicht! Hier handelt es sich um empirisch ausgeklügelte Mischungen von bestimmten Stoffen, die beim Abbrand typische chemische Reaktionen durchlaufen, die auf Naturgesetzen beruhen. Hier kann der Mensch nur wenig anpassen, außer auf besonders umweltschädigende Chemikalien zu verzichten – was aber bereits auch getan wird. Feuerwerk ist im wahrsten Sinne des Wortes größtenteils echte Handarbeit. Würden hochgiftige Chemikalien verwendet, so würde es auch die Arbeiter, die das Feuerwerk zusammenmischen und -bauen, auf Dauer vergiften.

1) Aus: Hintergrund // Dezember 2018, Zum Jahreswechsel: Wenn die Luft „zum Schneiden“ ist, herausgegeben vom Umweltbundesamt  im Dezember 2018 in der Serie „Mensch & Umwelt“. Online abgerufen am 22.01.2019 unter:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/hgp_wenn_die_luft_zum_schneiden_ist_2018.pdf

*) „kommentierter Dialog“ meint, dass die gestellten Fragen zum besseren Lesefluss und Verständnis für Leser ohne einem derartigen fachlichem Hintergrund redaktionell (nachträglich) aufbereitet und ergänzt wurden. Die Antworten des UBA wurden unverändert und ungekürzt wiedergegeben. In begründeten Einzelfällen wird die Originalkonversation unter Beachtung des Datenschutzes (Schwärzung der Namen und Adressen) gerne herausgegeben. Bitte nehmen Sie in diesem Fall Kontakt mit uns auf.

FFde-Publikation 01/2019 als PDF herunterladen:
20180127_ffde-publikation_01-2019_feinstaubbelastung durch feuerwerk.pdf

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» Reportage von Januar 2021: “Ohne Feuerwerk wird es farblos um uns”

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